Mittwoch, 19. Oktober 2011

E.T. IS OUT OF TIME


The Economical Thinking (E.T.) had an upgrade. The mysterious framework of interpretation that once made people believe in invisible hands that organize the markets and create wealth now has been replaced by a mechanistic thinking that makes people talk about leverage effect of the European Stabilisation Mechanism (ESM).
Both paradigms lack of transparency. As well as nobody has ever seen the invisible hand at work no one knows how the stability mechanism works. The leverage effect is a big secret.
What baffles me is that today's economists are searching for mechanistic solutions whereas the financial markets are already running with the performance of the information age.
At least this is a way to explain why we have financial crises again and again: E.T. is out of time.

Dienstag, 19. April 2011

Self-neutralized




Self-neutralization feature


Who is stock-taking at Instalaza S.A, the Spanish company that apparently produced the cluster bombs used by Gaddafi's militia? They are still producing and promoting these weapons called "MAT-120" on their website using euphemistic explanations that these kind of
mortar munition with 21 anti-tank and fragmentation submunitions were equipped with self-destruct and self-neutralization features to eliminate the risk of live munitions being left on the ground




It would be of interest what exactly is meant with "self-destruct and self-neutralization". A bomb is bomb is a bomb ... and the purpose of a bomb is in deed self-destruction.

Who can explain, how the "self-neutralization feature" works together with the idea of a bomb and the purpose of self-destruction?

Does the munition become "safe" after it hit the ground?

This are some questions I asked the Instalaza-Team in order to learn more about these dead or alive materials. Here is the email:


Dear Instalaza-Team,

as an artist, based in Germany, I am interested in one of your products called MAT-120.

As you describe it on your website it seems to be a Cluster Bomb Unit (CBU), what surprised me since these weapons lost all popularity after the Cluster Munition Coalition in 2003. Anyway, it seems that Gaddafi's militia trust in your product as we heard recently that the MAT-120 submunition was found at several spots in Libya.

As an artist who is an absolute newbie in ammos and arms I would like to get more informations about these materials since I ponder about using it for a large-scale installation that will be unveiled at Museo Reina Sofia in Madrid Link in spring 2012. For this reason I have some practical questions.

On your website you said that these bombs were equipped with "self-destruct and self-neutralization features to eliminate the risk of live munitions being left on the ground". This sounds like a friendly killing device which is only dangerous after bombing.

Anyhow, could you please specify how both features, the self-destruction and the self-neutralization work together?

I always thought a bomb is a bomb due to its simple purpose to destruct itself and everything around. Perhaps my idea of a bomb was a tad too simple or I totally missed all the technologies behind modern ammunitions. But please could you clarify what exactly you mean with "self-destruct feature"?

My second question is the signification of "self-neutralization"? I guess it is different from the self-destruct feature, isn't it? But how exactly does it work? Is the munition safe after it has hit the ground? This is what your product description suggests and it would be perfect for the realization of my artwork. So, would it be possible to pick up the duds and ship it to Madrid? Don't worry the transport company will be a professionalized shipper specialized in the transport of Fine Arts – so they are used to handle risky goods and will proceed with caution.

Now the third and the last question. Since I intend to work with a group of assistants – most of them students of the Real Academia de Bellas Artes de San Fernando Link in Madrid who are so kind to work for me at no charge – I want to be sure that there will be no danger when we start constructing and sculpting the installation. It would be great and really helpful for me if you could send me a signed guaranty that there is no risk to install and exhibit my work – I think this letter could help to appease the curatorial team – just in case.

So, I would be really grateful for your advice, thanks in advance.

Kindly,

tkl


... still waiting for reply.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Kaila in Tunis

Als ich am 9. Januar 2009, also vor drei Jahren, in einem Friseursalon in Tunis saß, habe ich Folgendes aufgeschrieben.

Respektvoll nähert sich ein Taxi dem Schlagloch im fiebernden Asphalt. Die Tür entlässt einen Spalt, zwei Füße in glänzendem Lack treten auf, Münzen klimpern aus einer in die andere Hand. Nur ein Bild, das schon aus dem Augenwinkel huscht.

Nachflimmern in der Kühle eines Babiersalons: eine Reihe, drei Stühle, drei Köpfe, fünf Münder und ein langer Spiegel, der die von Rasierwasser berauschte Atmosphäre zugleich verdoppelt und durchschneidet. Hier sieht jeder sein Gesicht.
Gewetzte Messer reizen die Haut bis zur Röte. Drei Hälse sind in die Höhe gestreckt. Eine Klinge streicht über die Kehle, der Blick geht nach oben und kreuzt sich mit den kalten Augen der Fotografie eines modernen Despoten. Drei Kehlköpfe, drei Klingen und darüber das Bild von Ben Ali.

Mauve ist der Rahmen seines Portraits, doch sein Foto ist ausgebleicht und angesenkt. Es hat den Strahlen der immer wiederkehrenden Mittagsonne in Tunis dreiundzwanzig Jahre lang zu widerstehen versucht. Vergebens.

Nichts ist für die Ewigkeit.

Interieurs. Legenden des Alltags entschlüpfen einem Mund und suchen empfängliche Ohren. Jemand habe mit Holzkohle „2626“ auf den Präsidialpalast geschrieben. Kurzatmiges Lachen. Nun prangert die Chiffre der Solidaritätskasse wie ein Schandfleck auf den antiseptisch weißen Wänden der majestätischen Residenz, erklärt der Barbier über dem Kichern seiner Klientel. Die Holzkohle, sagt ein Alter, sei der Brennstoff, mit dem die Kanus angefeuert werden, sie wird für Salata Meschweja und für die Chichas gebraucht. Die Holzkohle gehört dem Volk wie Tabak, Brot und Spiele. Jetzt führt ihre Spur wie eine Lunte zum Präsidialpalast…

Damals hätte ich niemals geglaubt, was heute Wirklichkeit geworden ist. Doch wenn ich den Text heute wieder lese, dann wird klar, dass alles, was gerade im Gange ist, schon damals in der Luft lag.

Mittwoch, 15. September 2010

Crack hat in der englischen Sprache viele Bedeutungen. Als Bezeichnung einer geknackten Software oder eines gut trainierten und sehr geschickten Experten, den man für solche Sachen verantwortlich machen könnte, ist der unverfälschte Ausdruck längst auch ins deutsche Idiom eingewandert. Die hierzulande durch den Gebrauch des Wortes produzierte Mehrdeutigkeit, ist aber mit der in seiner Herkunftsprache kaum vergleichbar.

Als erstes solltest du wissen, dass andere deinen crack häufiger sehen als du selbst. Einige wissen es, wenige reizt es und die meisten juckt es nicht. Im Englischen kann von crack immer dann die Rede sein, wenn ganz allgemein auf die Fraktur eines Körpers, eine Bruchstelle, einen Riss oder eine Furche hingewiesen wird. Wie so oft erscheint auch hier eine unterstellte Ähnlichkeiten als der Grund für die umgangssprachliche Bedeutungsverschiebung von x-beliebigen Körpern auf einen ganz bestimmten, den menschlichen. Im vulgären Gebrauch kann das Wort in der britischen Sprache auch als Synonym für die Vulva der Frau auftauchen, in der Umgangssprache wird damit aber häufiger der Spalt zwischen den beiden Gesäßhälften gemeint. Die zahlreich in der Kunstgeschichte versammelten Halbakte haben crack und die Kunst untrennbar miteinander verschmolzen. Die cracks von Frauen und Männern wurden in Stein verewigt, auf Leinwänden gemalt, gehandelt und zum erotischen Ideal geformt. Im ungeschminkten Alltag bleibt das sex appeal der bezeichneten Sache dagegen äußerst ambivalent. Der weibliche crack mag noch als anziehend betrachtet werden, während der männliche meist nur aufgrund seiner abschreckenden Wirkung zum Einsatz kommt. Vielleicht, weil der crack des Mannes nur in seinen schwächeren Momenten in Erscheinung tritt. Und Schwäche, die nicht auf Starkes, Sexy Bräute, Superweiber, Boxer und Maschinen gerichtet ist, ist noch immer eines der wenig geliebten Attribute des Mannes. Wer dauernd in die Knie geht und buckeln muss, der zeigt, ob er will oder nicht, der Welt seinen haarigen, schweißigen und manchmal pickligen crack. Dass der crack des Mannes im Deutschen mit dem Wort „Bauarbeiterdekolleté“ bezeichnet wird, spricht weniger für Einfallsreichtum und Phantasie als vielmehr für die, im übertragenen Sinn, harten Tatsachen des Betriebsalltags.

In der Erdölindustrie bezeichnen crack oder crack spread die Wertdifferenz und den Preisaufschlag, der durch thermische und chemische Verfahren der herstellen kurzer Kohlenwasserstoffketten aus schwerern langkettigen Molekülen möglich ist. Das Rohöl (crude oil) wird durchs cracken (spalten oder aufknacken der Moleküle durch fraktionierte Destillation) in leichtere Destillate wie Benzin, Naphtha, Diesel, Heizöl, Kerosin und Ethylene umgewandelt. Dadurch kann die Viscosität des Rohmaterials reduziert (visbreaking) und der Stoff in Raffinerieprodukte verwandelt, die sich leichter vermarkten lassen und höhere Preise erzielen. Das Wort wird hier metonymisch gebraucht, da mit crack eigentlich der Preisaufschlag durch Destillation der Ausgangsstoffes gemeint ist, obwohl im engeren Sinne der Vorgang des crackens bezeichnet wird, der diese Wertdifferenz erzeugt. Wenn crack spread jetzt also als eine Folge der Rohöl-Raffination verstanden wird, dann nur weil der Gesamtprozess der Verarbeitung, Veredelung (upgrading) und der Vermarktung der Endprodukte mit gemeint ist.

In Irland soll man sich hin und wieder mit der Frage "Hey, what's the crack?" oder "How's the crack?" begrüßen. Damit wird nicht die Sorge um steigende oder fallende Ölpreise zum Ausdruck gebracht, und damit beginnt auch nicht immer der shop talk zwischen dealer und client – auf die Bezeichnung der Droge komme ich gleich zurück. Man erkundigt sich lediglich um des anderen Befinden und ist dabei freilich auch an allerlei Neuigkeiten und Gerüchten interessiert.

Die etymologische Wurzel des Wortes soll in der Sprache Nordenglands liegen. Das Wörterbuch der schottischen Sprache verzeichnet unter dem Eintrag crak, crake oder crack insgesamt sechs verschiedene Bedeutungen: erstens das Knicken und zweitens das Knacken von etwas, das heißt, das Zerbrechen eines dünne Gegenstand in zwei oder mehrere Teile und das knackende Geräusch, das er dabei macht. Aufgrund der Bezeichnung dieses eher leisen Geräusch ist verwirrend, dass das Wort, drittens, auch einen schallenden lauten Knall bezeichnen kann. Viertens und fünftens steht es für Prahlerei und aufschneiderisches Reden und schließlich werden, sechstens, Klatsch, Tratsch und Gerüchte damit gemeint.

„And after thou has crackt so crouse,
Thy mountains do bring forth a mouse“

Vermutlich nahmen die Iren das Wort auf, gälisierten es durch den eigenen, hauptsächlich zur Belustigung und Unterhaltung vorgesehenen Wortgebrauch und assimilierten es schließlich dem Gälischen durch die Schreibweise „craic“, in der es später wieder von der englischen Umgangssprache zurück adoptiert wurde. Seit ungefähr zwanzig bis dreißig Jahren ist es wieder in Großbritannien in Gebrauch, jetzt aber als das Wort craic, das crack meint. In dieser Form hält man es heute allerdings für die Bezeichnung einer typisch irischen Form der Spaßkultur.

Schließlich kennt jeder das Wort crack aus Filmen, Fernsehen und/oder der Wirklichkeit, wo es meistens eine inhalierbare Droge auf Kokainbasis bezeichnet. Hergestellt wird sie aus Kokainsalz und Natriumhydrogencarbonat, ein Zusatz für Backpulver und Triebmittel, Zahnpasten, Brausetabletten, doch ebenso ein beliebtes Hausmittel gegen Mundgeruch und Sodbrennen – außerdem kann es als Putzmittel zur Wasserenthärtung und Entfettung eingesetzt werden. Aus dem Betäubungsmittelverbrauchskontext wird das Wort onomatopoetisch hergeleitet; das heißt, es wird als ein Schallwort aufgefasst, das auf das knisternde Geräusch zurückgeführt wird, das beim Rauchen durch das Verdampfen der Kristallkörner zu hören ist. Als Bezeichnung der Droge dürfte das Wort wohl den meisten geläufig sein. Weniger bekannt ist hingegen, dass die Buchstaben C.R.A.C.K. auch das Akronym für eine 1997 in den Vereinigten Staaten gegründete und dort ansässige nichtstaatliche Organisation namens „Children Requiring a Caring Kommunity“ [sic] bilden. Das nichtkommerziell betriebene Programm wurde mittlerweile in „Project Prevention“ umbenannt und hat zum Ziel, drogenabhängige Frauen (und Männer) mit Geld von der Nutzlosigkeit ihrer Gebär- und Zeugungsfähigkeit zu überzeugen. Die Organisation kauft für 300 USD die Reproduktionsfähigkeit ihrer suchtkranken – wie es seitens der Organisation heißt – „Klienten“.

Wenig überraschend wurde das Projekt zur Zielscheibe der öffentlichen Kritik. Die Begründerin der Organisation, Barbara Harris, verteidigt ihr Projekt damit, dass sie schildert, wie sie vor mehr als zwanzig Jahren das Kind einer drogensüchtigen Frau adoptierte, von der sie nur wenige Monate später erfuhr, dass sie abermals schwanger wurde. Auch dieses Kind entschied Harris zu adoptieren, was sich noch zweimal wiederholte. Daraufhin versuchte sie auf die kalifornische Gesetzgebung einzuwirken und ein Rechtsinstitut zu schaffen, kraft dem Drogensüchtige künftig zu einer nachhaltigen Empfängnisverhütung gezwungen werden könnten. Ihr Vorhaben blieb aber erfolglos und so entschied Harris, suchtkranke Menschen für die Empfängnisverhütung zu bezahlen. Zunächst bot sie zweihundert USD, heute liegt ihr Angebot bei dreihundert. Nach eigenen Angaben habe CRACK bzw. „Project Prevention“ bis April 2010 3.432 „Klienten“ bezahlt, was insgesamt ein Investitionsvolumen von Neunhunderttausend USD ausmacht.

Mit ihrem Unternehmen reagiert Harris auf eine traurige Realität. Sie fordert, die Bedrohung und Beschädigung eines ungeborenen Lebens durch den exzessiven und rauschsüchtigen Lebensstil der Eltern in seiner gesellschaftlichen Bedeutung nicht zu unterschätzen. Auf ihrer Internetseite Link nennt die Organisation in Bezug auf eine Stichprobe von 3.245 „Klienten“ die Zahl von 15.025 Schwangerschaften. Davon kam es in 10.486 Fällen zur Geburt und in 4.495 Fällen zu einer Abtreibung. Von den Geburten waren 702 Totgeburten, 396 Neugeborene lebten nur kurz und starben noch im Krankenhaus an den Komplikationen der Geburt und 5.939 Kinder stehen bis heute unter Pflege. Aufgrund dieser Statistik, deren Daten durch Fragebögen erhoben wurden, die die Organisation an ihre Klientel verteilt hat, sah man sich dazu berechtigt, 1.059 drogensüchtigen Frauen die sogenannte Dreimonatsspritze, ein hormonelles Kontrazeptiva, zu verkaufen, dessen Anwendung von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe nur bei „reiferen Frauen mit abgeschlossener Familienplanung“ empfohlen wird. 892 Kandidatinnen ließen sich einen Intrauterinpessar, eine sogenannte „Spirale“, einsetzen und 121 versuchten es mit Implanon, einem Etonogestrel Implantat oder, in 38 Fällen mit einem anderen, seit den 1990er Jahren in den USA erhältlichen, in Europa jedoch weitgehend verbotenen Hormonimplantat namens Norplant. Bei der größten Kandidatengruppe von 1.272 Frauen und 51 Männern, wurde anstatt auf hormonelle oder mechanische Verhütungstechniken auf chirurgische Eingriffe gesetzt, die zur Sterilisation führten. Bei den Männern durch Vasektomie, bei der die Samenleiter im Hodensack des Mannes durchtrennt werden, und bei den mehr als tausend Frauen wurden die Eileiter entweder mit Clips abgeklemmt oder per Elektrokoagulation durch Hitze verschweißt.

Da es sich bei abhängigen Drogenkonsumenten um eine Risikogruppen handelt, die ihren Körper ohnehin schon in einem erhöhten Maß belasten, wäre der Hinweis auf die Risiken und möglichen Nebenwirkungen dieser Eingriffe, Implantate und Substanzen wohl nur ein schwaches Argument gegen das Projekt. Anders verhält es sich aber, wen man den juridisch-politischen Aspekt betrachtet. Wenngleich die Kandidation nicht zur Sterilisation gezwungen werden, so bleibt doch die Tatsache, dass dem wirklichen Leben im Hinblick auf ein zukommendes, und daher de facto nur mögliches Leben von rechts wegen Gewalt angetan wird. Für diese Gewaltausübung gibt es aber keine rechtliche Grundlage, weshalb es verwunderlich ist, dass sie zwar öffentlich kritisiert, von staatlicher Seite aber noch nicht unterbunden wurde. Scheinbar gelingt es der Organisation, die Politik von ihrem Nutzen zu überzeugen. Das kann sie aber nicht auf einer rechtlichen, sondern nur auf einer ökonomischen Grundlage. Aus ihrer Sicht erscheint die Investition von dreihundert USD pro Drogenabhängigen, zuzüglich der Kostenübernahme für die Verhütungsmaßnahmen, als sinnvolle Prävention einer Explosion der Folgekosten durch eine ungehemmte Austragung des „beschädigten Lebens“. Ihre Argumente sind also weder juridisch noch politisch und nicht einmal moralisch; sie sind nichts anderes als rein ökonomischer Natur. Nur auf diese Weise können Harris & Co die Politik und die Öffentlichkeit an die Notwendigkeit von CRACK gewöhnen. Ihr Kampfwort: Ein gesellschaftliches Zusammenleben ohne CRACK könnte den öffentlichen Haushalt teurer zu stehen kommen als mit.

Die historische Parallele zur Lobby-Arbeit der eugenischen Bewegung in den 1930er Jahren, die der nationalsozialistischen Eugenie im Dritten Reich als Beispiel diente und in der Hälfte der us-amerikanischen Staaten bewirken konnte, dass erzwungene Sterilisationen von Menschen mit Behinderungen oder „inferiorem Erbgut“ gesetzlich authorisiert werden konnten, sehen die Befürworter des CRACK-Projekts nicht. Obwohl Harris sich tatsächlich wie eine Gärtnerin auftritt, die im Garten des Lebens das Unkraut jätet, so das keines mehr nachwachsen kann, schlägt sie den Vorwurf der Euthanasie als absurd zurück. Schließlich werden Sterilisation oder Kontrazeption von niemanden erzwungen, sondern sie biete dafür lediglich dreihundert Dollar an. Die Entscheidung liege letztlich bei ihren „Klienten“. Dabei übersieht oder unterschlägt sie, dass ihre Klientel ausnahmslos aus Suchtkranken besteht, die in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu bestimmten Subtanzen und einer entsprechenden Versorgungsinfrastruktur stehen. Sie sind Gefangene des eigenen Körpers und eines sehr komplizierten kriminellen Apparats; sie können über ihr Tun und Lassen nicht frei entscheiden und sind in ihren Handlungen stark gebunden. Deshalb gelten Suchtkranke, als in ihrer Einsichts- und Steuerungsfähigkeit stark beeinträchtigte Personen. Gemäß der Definition der World Health Organization zählen sie sogar zu den Personen mit einer „seelischen Behinderung“. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kollidiert eine für dreihundert USD erkaufte Sterilisation, die zudem noch die prekäre Lebenssituation von Drogenabhängigen ausnutzt, mit Art 23 Absatz 1 c) des „Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, der eine Sterilisation aufgrund der Behinderung der zu sterilisierenden Person verbietet. In diesem Sinne: Say no to crack! Link.

Donnerstag, 26. August 2010

Electrocution, dieser Neologismus aus dem 20. Jahrhundert bezeichnet in der englischen Sprache die Hinrichtung durch den elektrischen Stuhl. Ein entsprechendes Wort im Deutschen ist mir nicht bekannt.
Das deutsche Word Vergasung kann seit dem Nationalsozialismus mit gasification nicht mehr treffend ins Englische übersetzt werden, da seine Konnotation längst jene politische Unschuld verloren hat, die den rein technischen Terminus der englischen Sprache noch immer auszeichnet. Geht es im Englischen in erster Linie um Zerfallsprozesse und Abfallbeseitigungen, so ist die naheliegendste Bedeutung des deutschen Wortes in das Gebiet der politischen Massenmorde abgewandert. Das Wort Biomassevergasung geht heute nicht mehr ohne den bitter-zynischen Beigeschmack der deutschen Geschichte über die Zunge.
Mit dem englischen Ausdruck electrocution verbindet man hingegen die Bezeichnung für eine strafrechtliche Hinrichtung mit Hilfe des elektrischen Stuhls. Das Fremdwort soll die Sache neutralisieren, die es bezeichnet. Der Ausdruck ist zwar nicht schön, doch er ist auch weniger offensichtlich mit Schuld belastet wie das deutsche Wort vergasen. Dennoch bezeichnen beide Wörter totbringende Dispositive einer totalen Gewalt über das Leben. Wenn nun einer der beiden Ausdrücke weniger mit Unrecht belastet ist als der andere, dann gibt es dafür nur eine Erklärung, nämlich die, dass er noch nicht nachhaltig mit einem durch die Geschichte bloßgestellten Unrecht in Verbindung gebracht werden konnte.
Stattdessen bezeichnet er eine bestimmte Technik der Exekutivgewalt des Strafrechtssystems. Doch genau genommen ist die Sanktion eines Mordes durch die Tötung des Straftäters ein Ausdruck von totaler Herrschaft über das Leben, die jeder Staatsgewalt notwendig widerspricht, sofern diese im Auftrag steht, das Recht auf Leben für die Bevölkerung eines umgrenzten Gebiets durchzusetzen.
Der Gedanke, dass eine ähnliche Rechtfertigung des Wortes electrocution unter der nationalsozialistischen Rechtsprechung auch für den vulgären Ausdruck Vergasung gegolten haben könnte, wird notwendig von der erschreckende Überlegung eingeholt, dass es sich bei der kollektiven Vergasung und der individuellen electrocution nur um einen zahlenmäßigen, doch nicht um einen Unterschied in der Sache handelt. Durch beide Fälle, die Bedeutungsverschiebung des Wortes vergasen und die Benennung einer staatlichen Tötungstechnik durch den Einsatz elektrischen Stroms, wird deutlich, dass die politisch-juridische Sinnhülle eines Worts erst dann mit Schuld beschmiert wird, wenn die historische Instanz des geltenden Rechts die Bedeutung dieses Wortes ausgestoßen hat.